Jede Diskussion, jeder Workshop und jede Debatte leben inhaltlich davon, dass die Kontributoren einander und auch den Kontext, in dem sie sich befinden, verstehen. Spricht eine Gruppe über Stadtteilentwicklung, wähnt sich aber in einem Gesprächskreis zu Nachbarschaftshilfe, so wird der Anwohner die Wortbeiträge der zunächst inkognito anwesenden Baudezernentin vielleicht nicht einordnen können. Mahnt der Kulturdezernent ständig die Mitglieder der Freien Szene, doch nicht nur Forderungen zu stellen, so weiß vielleicht nur er über die wahre Agenda des Stadtrats Bescheid. Wie viel Kontext und Kennenlernen einzelnen Gruppen aber zuzumuten ist, das ist die Grundfrage, bevor es um Themen wie das Ablehnen von Fachchinesisch oder das Offenlegen der Funktionen der Teilnehmenden gehen kann. Im Grunde müsste eine Option sogar immer sein, dass Teilnehmer die Diskussion gerne verlassen dürfen, weil sie genug verstanden haben. Manchmal ist so etwas auch ein Zeichen gesunder Diskussionskultur und neu gewonnener Erkenntnisse.
„Augenhöhe“ gibt es nicht
Immer wieder reden sich Bürgerinnen und Bürger – nicht nur in Foren – um Kopf und Kragen, während Politiker, Beamte und Aufsichtsräte sich ein Schweigen oder Phrasen erlauben können, da sie ja bestimmtes Wissen zwar haben, aber nicht offenlegen können. Gerade in offenen Diskussionen gibt es also ein Ungleichgewicht in Bezug auf das, was die Teilnehmenden über die Hintergründe der anderen überhaupt verstehen können. Sich für gegenseitiges Verstehen einzusetzen bedeutet also genau, Unterschiede nicht zu leugnen, unterschiedliche Verständnisse von Thema und Kontext zuzulassen und weder eine persönliche noch eine offizielle Ebene zu stark dominieren zu lassen.
Verschiedene Arten des Ausdrucks und des Zuhörens
Ein Moderator muss übersetzen. Und er muss über möglichst viel Hintergrundwissen verfügen, um Andeutungen, aber auch Befindlichkeiten zu verstehen. Aufmerksame Zuhörer werden bei richtiger Moderation bald von Insidern mitgenommen werden, wenn sie dazu gebracht werden können, auf Duktus und Attitüde anderer einzugehen. Keine Schaubilder, kein Malwerkzeug und keine Rollenspiele können ersetzen, dass eine gute Moderation die Teilnehmer einer Diskussion oder eines Workshops näher, aber nicht zu nah zueinanderzubringen hat.